Dieser Text ist für dich, wenn du Yoga machst oder unterrichtest. Wenn du über einen gesunden und glücklichen Lifestyle bloggst, oder in einem helfenden und heilenden Beruf tätig bist.
Ich möchte heute mit einem Mythos aufräumen mit dem glaube ich viele von uns immer wieder konfrontiert werden und der mich mittlerweile nur noch nervt. Der Mythos, des immer gutgelaunten Yogis, der 24 h am Tag auf einer Wolke durch die Gegend schwebt, des ausgebildeten Psychologen oder Sozialarbeiter, der keine eigenen Probleme oder auch Lebenskrisen haben darf. Weil man ja ausgebildet darin ist, die internen Probleme des menschlichen Wesens zu lösen und dadurch eine Erwartungshaltung der Außenwelt entsteht, die meiner Meinung nach künstlich und nicht echt ist.
Nur weil ich Yoga praktiziere, oder einen heilenden Beruf gewählt habe, bedeutet das nicht, dass sich in meinem inneren nicht auch Gefühle von Trauer, Angst, oder Verzweiflung zeigen. Im Rückblick auf meinen eigenen Weg kann ich sogar sagen, dass vor allem die Menschen, die helfend tätig sind, oder sich ernsthaft auf dem Yogaweg befinden, besonders intensiv suchende Seelen sind, die oft einiges in ihrem Leben erlebt haben.
Aber du machst doch Yoga?!
Kennst du diesen Satz? Hast du ihn auch schon mal von deinem Gegenüber gehört, als du über deine Sorgen gesprochen hast?
Ich muss ehrlich gestehen, dass dieser Satz mich leider immer etwas aus meiner Mitte bringt. Nicht dass ich ihn unentwegt höre, aber es ist schon das ein, oder andere Mal vorgekommen, wenn ich mich mal getraut habe über meine Ängste und Zweifel öffentlich zu reden. Und ich bin wirklich kein Mensch, der all seine seelischen Aktivitäten sofort bei Facebook postet, oder sich in einem Blogbeitrag über seine aktuellen Probleme auskotzt.
Früher war ich sehr verschlossen und habe mir eher die Probleme der anderen angehört, als den Mut zu haben über meine eigenen zu reden. Deswegen bin ich immer sehr erschrocken, wenn die Yogapraxis für einige Menschen bedeutet, dass ich nicht traurig sein darf, wenn meine Beziehung in die Brüche geht. Oder Angst haben kann, weil aktuell viele Unsicherheiten in meinem Leben sind.
„Fearlesness is a big fat myth.“ Danielle La Porte
Auch in meinem Leben gibt es tiefe Täler durch die ich manchmal am liebsten nicht durch gehen möchte, weil sie mich so verunsichern. Natürlich ist das Konzept des Yoga ein kostbares Tool und ja ich habe auch mehrere Jahre Soziale Arbeit studiert. Aber das bedeutet nicht, dass ich mit einem Zauberstab jede aufkommende Träne, oder meine Ängste wegzaubern kann. Unabhängig davon möchte ich das auch nicht, da es weder gesund noch authentisch wäre.
Ja, es gibt sie die aufgestiegenen Yoga-Meister, die konstant mit der universellen Quelle verschmolzen sind. Ihr Leben ist voller Wunder und ihre Stärke und ihr Wirken in dieser Welt geht über die menschliche Vorstellungskraft hinaus.
Ein Buch, dass dies sehr gut beschreibt ist die Autobiographie eines Yogi. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, kannst du hier weiterlesen>>>
Yoga macht sensibler, aber nicht emotionslos
Aber die meisten Yogis, sind ganz normale Menschen, wie du und ich – mit Höhen und Tiefen, Lachen und Weinen. Das Konzept des Yoga ermöglicht uns zwischen all den Veränderungen im Leben eine gewisse Festigkeit und Vertrauen zu entwickeln. Es hilft uns bewusster und gelassener mit den Herausforderungen des Lebens zurecht zu kommen und sich durch eigene Krisen weiterzuentwickeln.
Es macht uns aber nicht emotionslos, sondern sensibler und begleitet uns liebevoll auf dem Weg zu unserer wahren Natur und einem authentischen Leben. Zudem auch unsere Verletzlichkeit und Unsicherheit zählt, die manche Herausforderungen des Lebens nun mal mit sich bringen. Das ist ok und darf so sein. Unsere Gefühle wollen angenommen werden, wie anstrengend das auch manchmal sein mag. Ob wir Yoga praktizieren, oder die Psyche des Menschen studiert haben, verschont uns nicht von der Challenge, durch die wir manchmal hindurch müssen.
Deswegen: Ja ich mache Yoga und nein ich habe keine Zauberkräfte, komme aber sehr gut damit klar. Denn der Zauber ist für mich, dass Yoga in kleinen Schritten immer wieder die Festung sprengt, die zwischen meinen konditionierten Glaubenssätzen und meiner Authentizität steht. Dafür nehme ich auch ab und an ein paar Tränen in Kauf.
10 Comments
Katharina
18. März 2015 at 19:04Ein sehr schöner kleiner Artikel 🙂 Ich mache auch seit vielen Jahren an und ab Yoga, und blogge über Ernährung. Bei mir kommt es oft vor, dass ich mich zu einem “Wehwehchen”, also Kopfschmerzen, Muskelkater oder Verspannungen äußere und dann den erstaunten Satz “Aber du ernährst Dich doch so gesund?!” zu hören bekomme. Oha!
Es wird viel zu oft erwartet, dass man nur weil man sich in einem Thema gut auskennt, automatisch “perfekt” ist, und dabei ist es genau das Gegenteil! Wie Du sagtest, haben Leute in heilenden Berufen oft das meiste durchgemacht, und genau so ist es eigentlich auch in der Ernährungsbranche…. Wir die darüber bloggen und lernen haben die größten Hindernisse zu überwinden, erleben dadurch aber auch das größte seelische und emotionale Wachstum… 🙂
Also, vielen dank nochmal für diesen Artikel, der hat mich in diesem Moment einfach so sehr angesprochen!
<3 Kat
Maria Ma
18. März 2015 at 19:22Hey Katharina,
danke für deinen Kommentar. Du hast vollkommen Recht, dass “Experten” auf ihrem Gebiet oftmals als perfekt angesehen werden.
Nur ist perfekt sein ja ein unnatürliches Konstrukt und sowieso nicht zu erreichen. 😉
Mir war es einfach wichtig, dass mal auszusprechen. Schön, dass du das so gut verstehen kannst.
Liebste Grüße
Maria Ma
Linda
21. März 2015 at 19:49Danke, liebe Maria, für diesen schlnen, ehrlichen und so wahren Artikel!
Maria Ma
22. März 2015 at 17:17Danke für deinen lieben Kommentar, Linda!
Ich freue mich. <3
Freigeist
31. März 2015 at 11:59Liebe Maria! Schöner Artikel, da kann ich nur zustimmen.
Ich bin Psychologin und kenne solche Sprüche auch. Oft denke ich mir dann: Was ist denn mit Ärzten? Die bekommen auch manchmal Fieber und werden krank, obwohl sie Ärzte sind und da vergleicht keiner.
Psychologin oder Yogalehrerin sein ist eben kein Schutz gegen Trauer, Angst oder Zweifel – ich finde all das ist menschlich und gehört dazu. In den heilenden Berufen haben wir zumindest den Vorteil, dass wir wissen, wie wir uns helfen können – aber das Umsetzen ist manchmal so schwierig, wie für jeden anderen auch.
Lg Moni/Freigeist
Maria Ma
1. April 2015 at 17:41Hey Moni,
danke für deinen Kommentar. Das was du schreibst, kann ich voll unterstreichen.
Das Wissen, wie wir uns helfen können, ist vielleicht da, aber das verschont uns nicht vor dem Schmerz, den diese Prozesse mit sich bringen.
Liebste Grüße
Maria
P.S. Du hast einen interessanten Blog. 🙂
Freigeist
2. April 2015 at 14:13Freu mich, dass er dir gefällt. Er ist noch recht frisch 🙂
mbaierl
15. Juni 2015 at 8:30Hallo Maria,
danke für diesen wunderschönen Beitrag – er spricht mir aus der Seele.
Als Meditierender, Yoga-Lehrer oder jemand mit einem Heilberuf verkauft man aber leider auch immer das ein wenig mit… oder würdest du zu einem Yoga-Lehrer oder Shiatsu-Praktiker gehen, der rum-jammert, sein Leben selbst nicht im Griff hat und schlechte Stimmung verbreitet? Dort ist meiner Meinung nach berufliche Professionalität gefragt… schließlich geht es um den Klienten bzw. Studenten und nicht um mich selbst.
Aber im privaten Umfeld – ja, da glauben auch alle man ist immer gut drauf… dabei spürt man mehr und tiefer, und eigentlich ist das Gegenteil der Fall….
Danke,
Michael
Maria Ma
15. Juni 2015 at 18:13Hey Michael,
es freut mich, dass dich der Artikel angesprochen hat. 🙂
Das mit der beruflichen Professionalität sehe ich genau so.
In meinem Freundeskreis ist es mir wichtig, dass meine Freunde ein ganzheitliches Bild haben. Nur weil ich mich für einen glücklichen Lifestyle interessiere, heißt das nicht, dass ich durch keine Challenge mehr durch muss. Zu einem authentischem Leben gehört auch das für mich dazu. Ich finde es zudem auch inspirierend, wenn mein Yogalehrer mir von seinen Herausforderungen erzählt, natürlich ohne dabei rumzujammern. 😉
Alles Liebe
Maria
dojung
22. Dezember 2019 at 9:49Ja, bezaubernderweis’ sind die Meisten eben doch nicht Alle.
Yoga kann so viel mehr sein als nur Gymnastic, wenn man sich ganz hingibt, Bedingungslos.